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Vom Milchbetrieb zum Lebenshof. Ein Interview mit Olga Voglauer, Abgeordnete zum Nationalrat

Seit wann hast du einen Betrieb als Bäuerin und wie sah der bisher aus?

Gemeinsam mit meinem Mann Markus haben wir den Bio-Hof im Jahr 2010 von meinen Eltern übernommen und ihn auf einen Heumilchbetrieb mit 15 Milchkühen und ca. 15 Jungkühen samt Kälbern ausgebaut. Im Vordergrund war die Direktvermarktung unserer Hofeigenen Bio-Milchprodukte. So wurden jährlich 80.000 Liter Milch  regional vermarktet. Geprägt ist unser Hof seither von einer naturnahen Bewirtschaftung samt Weidehaltung, behornten Kühen und Muttergebundenen Kälberaufzucht.

Was hat dir und euch Anlass gegeben darüber nachzudenken, die bestehenden Strukturen zu verändern? Was waren eure Bedenken dabei?

Durch die Energiekrise im Jahr 2022 hat sich die Kostenstruktur auf unserem Hof vollkommen auf den Kopf gestellt und durch die Teuerung wurden wir wie viele andere Direktvermarkter:innen mit einem massiven Verkaufseinbruch konfrontiert. Das hat uns dazu gebracht, Überlegungen anzustellen, wie wir zukünftig am Hof wirtschaften wollen. Nach einer Übergangsphase von einem Jahr haben wir uns entschieden, den Hof als Kuhpension zu führen. Das bedeutet, die Tiere leben bei uns jetzt in einer kleineren Herde von 13 Kühen und vollbringen ihre "Arbeit" als Landschaftspflegerinnen.

Wie habt ihr einen Plan entwickelt, den Betrieb umzustellen? Hattet ihr professionelle Hilfe dabei? Gibt es sowas überhaupt?

Diese Frage trifft einiges auf den Punkt. Leider gibt es überhaupt keine Beratung zum Ausstieg aus der klassischen produzierenden Landwirtschaft. Im Umstiegsjahr haben wir uns auf unser Wissen verlassen. Unser Ziel dabei war es, ein gutes Leben für die Familie und die Tiere am Hof auch zukünftig zu gewährleisten. So ist aus einem Haupterwerbsbetrieb eine Hobby Landwirtschaft geworden, die uns unsere Wiesen fruchtbar und artenreich erhält und wir als Familie haben uns die Freude am Bewirtschaften erhalten.

Wie geht es dir und euch nun im neuen Betrieb? Seid ihr schon ganz angekommen? Wer profitiert, gibt es auch Nachteile?

Wir alle profitieren, das Leben ist für meine Familie und die Kühe viel entspannter geworden. Als Nachteil könnte man sehen, dass wir es jetzt als Hobby betreiben, da wir natürlich noch nicht kostendeckend wirtschaften. Aber auch das könnte sich wieder ändern, denn ab dem nächsten Jahr werden wir wesentlich mehr Wiesen zu Naturschutzflächen machen und vielleicht ergibt sich auch noch das eine oder andere Lebenshofprojekt am Hof.

Wenn andere Bäuerinnen und Bauern auch gern umstellen wollen, was würdest du ihnen raten?

Mit offenen Augen und offenem Geist umschauen und umhören, sich von anderen inspirieren lassen. Es gibt unzählige Beispiele von Landwirt:innen, die zeigen, wie moderne Landwirtschaft gehen kann, die Menschen Freude bereitet und den Tieren ein gutes Leben ermöglicht.

Tierschutzforum Edit: Zeiten ändern sich, zum Glück. Mittlerweile gibt es professionelle Unterstützung für Landwirt:innen, die den Ausstieg aus der tiergebundenen Landwirtschaft machen möchten. Alle Infos dazu bei https://www.transfarmation-austria.at/